Rock in Wotschofska:
NAZARETH und Ray Wilson
Spreewald | Erleninsel | 2. August 2025
Ein Bericht mit Fotos von Reinhard Baer
Wie schnell doch so ein Jahr vergeht. Am 3. August des Vorjahres stand ich vor der Bühne auf der Erleninsel Wotschofska, um BONNY TYLER zu erleben, und nun bin ich wieder hier. Dieses Mal standen die schottische Hardrock-Band NAZARETH und der ehemalige Frontmann von GENESIS, Ray Wilson, auf dem Programm. Während ich im Vorjahr ziemlich hinten im Publikum stand, war ich diesmal rechtzeitig vor Ort und stand in vorderster Reihe an der Bühne. Natürlich war ich auch diesmal wieder - wie die meisten Gäste - mit dem Spreewaldkahn angereist und eine Stunde Kahnfahrt durch diese herrliche Landschaft ist immer wieder ein Erlebnis.
Nachdem Daniel Schmidgunst, der verantwortliche Mann für die Organisation solcher Veranstaltungen, das Event eröffnet und noch Informationen zum Ablauf und der Sicherheit hier auf dem Gelände gegeben hatte, konnte es beginnen. Pünktlich um 19:00 Uhr standen die vier Musiker von NAZARETH auf der Bühne und los ging es.

Die Band NAZARETH wurde in den 60er Jahren vom Bassisten Pete Agnew in seiner Heimatstadt Dunfermline in Schottland gegründet. Zunächst hieß die Band THE SHADETTES und war eine Coverband. Die Umbenennung der Band in NAZARETH erfolgte 1970. Damals gehörten neben Pete Agnew (Bass) noch Manny Charlton (Gitarre), Darrel Sweet (Schlagzeug) und Sänger Dan McCafferty zur Besetzung. Letzterer war bei THE SHADETTES der Rowdy und als der Sänger kurzfristig ausstieg musste McCafferty einspringen. Das hatte er nun davon, dass er auf den Fahrten im Tourbus öfter gesungen hat. NAZARETH entwickelte sich in den Folgejahren von der Coverband zu einer Band mit eigenem Profil und immer mehr eigene Songs fanden Eingang auf die Setlists. Zwischen 1973 und 2022 brachten sie 22 Alben heraus. Gitarrist Many Charlton stieg 2013 aus der Band aus und arbeitete danach als Produzent auch für seine ehemaligen Kollegen. 2022 starb er im Alter von 80 Jahren. Auch Dan McCafferty stieg 2013 aus gesundheitlichen Gründen aus und er starb 2022 mit 76 Jahren. Am Samstag stand nun die gegenwärtige Besetzung von NAZARETH mit Pete Agnew (Bass), seinem Sohn Lee Agnew (Schlagzeug), Jimmy Murrison (Gitarre) und Carl Sentance (Gesang, Alustikgitarre) auf der Bühne.
Ich war gespannt, wie die Band heute ohne die kreischende Stimme von Dan McCafferty klingt. Mit ihm und auch noch mit dem Schlagzeuger Darrel Sweet habe ich NAZARETH 1998 in Mittenwalde (LDS) erlebt. McCafferty schenkte sich da auch mal ein Glas Whisky ein und prostete dem Publikum zu. Der heutige Frontmann - er war u. a. auch mal Sänger der schweizer Hardrock-Formation KROKUS - klingt anders als McCafferty, aber er passt mit seiner Stimme gut zur Band. Der gebürtige Waliser ist sehr agil auf der Bühne und fordert sein Publikum stets zum Mitsingen auf. Die bekannten Hits von NAZARETH wie „This Flight Tonight“ (eine Coverversion eines Titels von Joni Mitchel), „Dream On“, „Love Hurts“ (sangen vorher mal The Everly Brothers) und „Morning Dew“ und viele andere Songs kamen gut rüber, und etwa 80 Minuten dauerte der Auftritt bevor es hieß: Aufstellen und verbeugen. Während auf der Bühne schon in einem rasanten Tempo das Equipment von NAZARETH abgebaut wurde, stand der Sänger noch vor der Bühne und gab Autogramme und signierte Tonträger.

Es dauerte keine 30 Minuten, da war auf der Bühne alles bereit für RAY WILSON und seine Band. RAY WILSON, geboren 1961 in Schottland, wurde ja 1996 Sänger von GENESIS, nachdem PHIL COLLINS dort ausgestiegen war um sich mehr seiner Sololaufbahn zu widmen. Bei GENESIS war Wilson 1997 mit am Album „Calling All Stations“ beteiligt. Dieses Album und die damit verbundene Tour waren nicht sehr erfolgreich, so dass letztlich die beiden GENESIS- Mitglieder Mike Rutherford und Tony Banks das Projekt GENESIS beendeten. RAY WILSON musste fortan auf eigenen musikalischen Füßen stehen und mit verschiedenen Projekten tat er es und tut es noch heute. Zunächst lebte er hauptsächlich von der Musik von GENESIS, aber auch der der ehemaligen GENESIS-Mitglieder PHIL COLLINS und PETER GABRIEL. So begann er sein Konzert am letzten Samstag zunächst mit einigen Nummer von GENESIS, spielte dann aber Songs, die ich nicht kannte. Ob es sich dabei um weniger bekannte Songs der Band bzw. von COLLINS oder GABRIEL handelte oder um eigene Nummern von RAY WILSON, kann ich nicht sagen. Seine Ansagen waren auf Englisch und außerdem schlecht zu verstehen. Einer der bekanntesten Songs aus seiner Laufbahn, nämlich „Calling All Stations“, den Ray sonst immer spielt, war diesmal nicht auf der Setlist, aber „Capert Crawlers“, eine alte Nummer aus der Zeit, als PETER GABRIEL noch Sänger bei GENESIS war, wurde gespielt. Wilsons Interpretation von „In The Air Tonight“ von PHIL COLLINS hat mir gut gefallen, fast ausschließlich auf der Akustik-Gitarre gespielt. Die Begleitband von RAY WILSON bestand neben Ray selbst (E- und Akustik-Gitarre) aus Steve Wilson (Gitarren), an den Keyboards Kool Lyczek, am Bass, Saxofon, Flöte und Klarinette Marcin Kaiper, an der Geige Alicia Chrzaszcz und am Schlagzeug hinter der Plexiglaswand Mario Koszel. Eine tolle Begleitband, so fand ich, und zum Ende des Konzertes griffen Ray und Steve nochmal zu den Akustik- Gitarren und spielten „Solsbury Hill“ von PETER GABRIEL. Für eine kleine Zugabe kam am Ende wieder Daniel Schmidgunst auf die Bühne. Er selbst macht auch Musik und hier sang er zusammen mit RAY WILSON von BRUCE SPRINGSTEEN „I’m On Fire“. Danach gab es noch von BOB DYLAN „Knockin On Haeven‘s Door“, dann begann auch die RAY WILSON-Crew mit dem Abbau des Equipments.
Inzwischen versteckte sich der Spreewald in der Dunkelheit. Über dem Wasser lagen jetzt Nebelschwaden und es wurde kühl. Im Kahnhafen war kein Betrieb mehr. Glücklicherweise hatten wir an diesem Tag keinen Regen wie an den Tagen zuvor, so dass die diesjährige Veranstaltung an diesem besonderen Ort als voller Erfolg zu verzeichnen sein dürfte.
Fotostrecke:
Nazareth
Ray Wilson
