© Deutsche Mugge (2007 - 2025)
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Ein Bericht von Christian Reder



Wir Kinder der 80er haben die Ankündigung gefeiert: Der Frontmann der legendären Rock- und Pop-Gruppe Frankie Goes to Hollywood, Holly Johnson, kündigte Anfang des Jahres für das Frühjahr eine kleine Deutschland-Tournee an. Mit einem Best-of-Programm wollte er kommen und den 40. Jahrestag vom Release des Albums "Welcome To The Pleasuredome" feiern. Und das tat er auch. Im Mai 2025 gastierte er in Bochum, Berlin, Leipzig, München und Frankfurt.

Gern hätten wir euch über das Konzert in Bochum berichtet und auch Fotos mitgebracht - eine Anfrage hierfür ging lange vor der Mugge raus. Doch bis zum Tag der Veranstaltung am 17. Mai wartete unsere Redaktion vergeblich auf eine Antwort des dortigen Veranstalters. Eine Antwort auf Anfragen zu bekommen, scheint heute nur noch Glückssache zu sein. Einige der Agenturen haben es nicht mehr nötig, der Presse zu antworten. Oder - wie eine bekannte Hamburger Agentur es seit Jahren praktiziert - man bekommt innerhalb von zwei Stunden nach Einreichen des Akkreditierungswunsches direkt eine Absage, ohne dass eine Anfrage an den Künstler oder dessen Management gestellt wird. Irgendwo sitzt heute leider immer irgendjemand, der auf diese Art seine Allmachtsfantasien auslebt. So kann man es der Presse natürlich auch schwer machen, seinen Lesern, Zuschauern oder Zuhörern etwas über Ereignisse auf dem Live-Musiksektor anzubieten. Kostenlose Ankündigungen nimmt man dabei allerdings gerne an. Na gut ... Aber der Redakteur, der seine Leser mit auf die Reise in die Zeit nehmen will, sucht sich dann eben ein Ersatzkonzert und geht auf eigene Faust los. Dann aber leider ohne Bilder, da für eine Anfrage an den Veranstalter des Konzerts in Leipzig dann einfach die Zeit zu knapp war. Tut uns sehr leid. Dafür gibt's zur Auflockerung ein paar Videoclips aus der Zeit ??





Am 21. Mai machte Holly nämlich auch im Leipziger Haus Auensee Station, wohin der Weg für unsere Redaktion am Ende führte. Zusammen mit Band sollte es einen Querschnitt aus seinem Schaffen geben, aber der Themenschwerpunkt lag eben auf Frankie goes to Hollywood und ihrem Debüt-Album, dessen Veröffentlichung und Siegeszug sich dieser Tage zum 40. Male jährt. In den Achtzigern feierte Holly Erfolge mit Frankie Goes to Hollywood und startete 1989 seine Solokarriere. Sowohl mit Band als auch allein konnte er einige Hits einfahren. Ob wir die alle in Leipzig zu hören bekommen sollten? Ich war gespannt.

Zum Intro des Songs "Welcome to the Pleasuredome" aus dem hier zu feiernden Debüt-Album der Frankies laufen bewegte Bilder auf der Videoleinwand. Es fängt an mit einem transparenten Schädel, aus dem sich später das Gesicht von Holly Johnson herausbildet, der dann wiederum in einzelnen Pixeln wie vom Wind verweht wird. Es folgen die Bilder, die man aus dem Innenteil der Doppel-LP kennt - alles perfekt abgestimmt zur Musik. Noch während des Instrumental-Intros nehmen die Musiker ihre Plätze auf der Bühne ein, und zum Einsatz seines Gesangs kommt unter tosendem Beifall dann auch der dunkel bebrillte Meister dazu.

Gut gealtert und ein wenig mehr auf den Rippen habend, zeigt sich Holly immer noch knackig und sofort vom Rhythmus angezündet. Die Band spielt ganz nah am Original und macht da wenig Fisimatenten. Einzig der Bass-Mann erlaubt sich ein paar kurze Ausflüge auf seinen vier dicken Saiten und beweist damit dann auch gleich zu Beginn, dass er nicht nur für den Dienst nach Vorschrift erschienen ist. Damit sind wir auch schon beim Line-up: Ein Bassist, ein Gitarrist, ein Schlagzeuger und zwei Mann (bzw. eine Frau und ein Mann) an den Tastaturen sorgen dafür, dass alles klingt, wie es klingen soll. Das macht von Beginn an Laune und sorgt beim Alt-Fan für Frohsinn. Die erste Nummer, die auf dem Album auch gleich eine komplette Schallplattenseite in Anspruch nimmt, wird auch hier vor Ort in voller Länge zelebriert. Die Band feiert die Nummer, Mr. Johnson vermisst schon zu Beginn die Bühne einmal in ganzer Breite, und auf der Videoleinwand gibt's das Rahmenprogramm in bewegten Bildern. Meine Fresse, knallt das …





Nachdem Holly sein Publikum begrüßt hat - und das auf Deutsch! - setzt er umgehend sein Best-of-Programm fort. Mit "Black Night White Light" gibt es noch einen weiteren Titel vom Debütalbum der Frankies, bevor Johnson mit "Rage Hard" zum Inhalt des zweiten Albums rüberswitcht. Die dunkle Sonnenbrille inzwischen abgelegt, zeigt Holly auch hier keine Alterserscheinungen. Stimmlich ausgesprochen gut aufgelegt, feiert er die Nummer förmlich, während im Bühnenhintergrund die typischen Frankie-Fäuste - Symbole, mit denen die Band auf dem damaligen Album und dem Single-Cover warb - auf der Leinwand in die Höhe gereckt werden. Im Erscheinungsjahr dieser Single gab es auch eine Version mit Gary Moore an der Gitarre - eine Version, die ordentlich rockte. Auch in der Live-Version 2025 kommt die E-Gitarre nicht zu kurz, denn der Kollege in Hollys Band darf einmal kraftvoll und virtuos in die sechs Saiten greifen. Es folgen mit "Happy Hi" und "Wish (The Lads Were Here)" zwei weitere Stücke vom Pleasuredome-Album, die keine Single-Auskopplungen waren, aber in ihrer Live-Fassung hier in Leipzig nicht weniger heiß gereicht werden.

Nach fünf Stücken aus der Frankie-Ära bekommen wir nun Werke aus Hollys Solo-Phase zu hören. Es sind vier Titel vom Album "Blast" (1989) und einer vom Album "Dreams That Money Can't Buy" (1991). In seinen Anmoderationen im Verlauf des Konzerts setzte Holly Johnson die Lieder und ihr Erscheinen immer wieder mal in den weltgeschichtlichen Kontext - allerdings nur in den Deutsch-Deutschen -, denn er nahm immer wieder Bezug auf die Zeit der Trennung des Landes, in der die meisten der hier in Leipzig gespielten Lieder das Licht der Welt erblickten - egal ob von FgtH oder von ihm selbst. So auch beim ersten Stück seines Solo-Blocks: "Americanos". Diese - bzw. ihr Vorturner mit der lustigen Frisur - sind hierzulande derzeit ja nicht so gern gesehen. Aber der Song ist ein gefeierter Klassiker. Zu den Farben der amerikanischen Flagge ertönen dann auch die ersten Töne der Nummer. Und hier stößt sich der Rezensent dann erstmals an der musikalischen Umsetzung. Die Keyboard-Sounds sind weit weg vom Original - und ebenso weit weg von "gelungen ausgewählt". Auf der Leinwand dreht sich die Freiheitsstatue, und Feuerwerk ist zu sehen, während der Damenchor vom Band eingespielt wird. Oder singt es die Frau an den Tasten? Das ist nicht genau auszumachen, klingt aber wie aus der Konserve.





Dafür ist Holly voll auf der Höhe: beweglich und stimmlich super gut drauf. Der Nummer folgt "Atomic City", bei der der Bassist die tiefen Töne zu Beginn der Nummer einem Tasteninstrument entlockt, ehe er wieder die Bassgitarre umschnallt. Insgesamt ist das Stück live aber ansprechender arrangiert als sein Vorgänger. Ebenso das darauf folgende "Heaven's Here" und auch die Debüt-Single Hollys als Solist: "Love Train". Die zuletzt genannte Nummer scheppert ordentlich und im Hintergrund gibt's Bilder zu erspähen, die auch im dazugehörigen Video zu sehen waren. Nostalgie pur - und solche Gefühle steigen spätestens in diesem Moment auch in den Leuten im Haus Auensee auf. Einmal mehr darf hier auch nochmal der Gitarrist ein Solo beisteuern, das dem ganzen Spektakel zu dieser Nummer auf der Bühne ein Stück weit noch die Krone aufsetzt.

Bevor es zurück in die Frankie-Ecke geht, darf mit "Penny Arcade" noch ein Stück aus den 90ern seine Live-Darbietung erleben. Das war's dann aber auch schon mit dem Solo-Block, so viel darf hier schon mal gespoilert werden. Auf Titel der Alben "Soulstream" (1999) und "Europa" (2014) warten wir vergeblich. Sie gebaren zwar keine Hits mehr, aber ein paar davon hätten uns hier sicher gutgetan und zudem gezeigt, dass Holly weit mehr als nur 80er und frühe 90er zu bieten hat. Auch der kleine Hit "Legendary Children" aus dem Jahre 1994 - immerhin eine tolle Gay-Hymne - hätte ihren Platz in der Setlist durchaus verdient gehabt. Schade, denn im Hinblick darauf, dass die Mugge hier am Ende nur 90 Minuten gehen sollte, wäre dafür sicher noch Platz und Zeit gewesen. Aber das ist alles Meckern auf hohem Niveau, denn im Haus Auensee ging anschließend noch richtig die Lucie … und auch der Holly … ab.

"Watching the Wildlife" (von "Liverpool", 1986) und "Born to Run" (die Bruce Springsteen-Covernummer von Frankies Debüt-Langrille) bildeten den Warm-up zum Grande Finale mit den bis hierher noch fehlenden Über-Hits. Zu von Krieg zerstörten Städten im Hintergrund auf der Leinwand knallte nun der Song "War" los. Damals, als Edwin Starr die Nummer 1970 im Original veröffentlichte, war der Titel schon brandheiß. Der Vietnamkrieg hatte die Jugend damals gezeichnet. Als Frankie den Song 1984 coverten, befanden wir uns im Kalten Krieg. Und heute? Ach, lassen wir das … Er ist immer noch aktuell - aktueller denn je - und befand sich deshalb auch völlig zu Recht in Hollys Setlist 2025. Die Darreichungsform - visuell und musikalisch - war entsprechend eindringlich: "War … What is it good for? Absolutely Nothing!" Was könnte passender sein, als jetzt "Two Tribes" folgen zu lassen? Richtig: Nichts. Und so kam es, wie es kommen musste. Das Haus wankte, die Betriebstemperatur stand kurz vor dem roten Bereich - und Mr. Johnson, im Februar immerhin schon 65 Jahre alt geworden, war immer noch nicht müde. Er und seine Kapelle setzten dann mit "Relax" (was auch sonst?) noch eins oben drauf - und Peng! … Feierabend. Die Herren legten das Arbeitsgerät zur Seite und verließen die Bühne. Die Messe war gelesen.





Wirklich? Nicht doch. Der Saal tobte. Das inzwischen in die Jahre gekommene Publikum war so laut, als wäre es immer noch im Teenageralter. Lauter Jubel, Zugaberufe - was für ein Hexenkessel! Das Publikum fühlte, dass hier noch nicht alles zu Ende sein konnte. Da fehlte doch noch was. Na klar: "The Power of Love". Und das wurde uns natürlich in der Zugabe kredenzt. Die Kapelle samt ihrem Frontmann Holly Johnson kehrte zurück - dieser jetzt in einem Mantel und mit einer Krone auf dem Kopf. Wie passend! Er war hier heute wahrlich der König - in jeder Hinsicht. Unnötig zu erwähnen, dass dieser 1984 zu Weihnachten veröffentlichte Song hier nochmal ordentlich zelebriert wurde. Ein absoluter Knaller zum Ende - dramaturgisch eine erstklassige Arbeit, die Lieder so zueinander zu reihen. Und ein Lob an die mir gänzlich unbekannten Musikanten der Band. Sie ließen die Original-Musiker von Frankie an keiner Stelle vermissen. Erstklassige Handwerker mit Bock auf das, was sie da zu präsentieren hatten. Als wäre es ihre Musik und sie wären damals schon dabei gewewesen.

Die Helden unserer Jugend aus den Achtzigern sind in die Jahre gekommen - man sieht es ihnen an. Auch Holly sieht man an, dass er inzwischen 65 Jahre alt ist. Äußerlich. Den Lausbuben-Charme von damals hat er nicht verloren und von der Performance her hat er ebenfalls voll abgeliefert. Noch immer hat er seinen markanten Tanzstil aus den guten alten Achtzigern. Stimmlich mag er zwar gereift sein, trifft aber noch jeden Ton und ist absolut in der Lage, das Publikum an die Hand zu nehmen und mitzunehmen. Das Konzert im Haus Auensee: ein super Erlebnis. Und es bleibt zu hoffen, dass es nicht sein letzter Besuch in Deutschland war. Und da das letzte Konzert dieser kleinen Deutschland-Tour jetzt auch schon wieder Geschichte ist, erlaube ich mir nun am Ende dieses Berichts auch die Setlist des Abends zu veröffentlichen. Damit spoiler ich nichts mehr und kann niemandem die Vorfreude auf seinen Konzertbesuch nehmen. Denn die Tour ist inzwischen beendet. Alles Gute, Holly - hoffentlich auf bald!


Setlist:
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